Frage zum Thema „Trennung“

Was ist wenn der Expartner annimmt, dass die Trennung akzeptiert wird?

Frau Barbara K. schreibt: „Lieber Beziehungsdoktor, ich bin der Meinung, dass es schlecht ist, wenn mein Ex glaubt, dass ich die Trennung akzeptiert habe. Dann wird er doch nie mehr einen Vorstoß wagen, wenn er es sich anders überlegen sollte. Sie schreiben auf Ihrer Seite aber eher das Gegenteil von dem was ich denke. Können Sie mich aufklären?“

Diese Frage wird von Usern sehr, sehr oft an mich gerichtet. Ich muss ihnen dann aber immer wieder entgegnen, dass sie die entsprechenden Texte auf meiner Seite nicht oder nicht eindrücklich genug gelesen haben, die sich mit dem wichtigen Thema „Beziehungsmacht“ beschäftigen. Wenn Sie ähnlich denken, sehr verehrte Leserinnen und Leser, wie oben die Barbara, dann gehen Sie bitte auf die entsprechenden Seiten meiner Homepage und vertiefen sich in die Texte – auch wenn es Ihnen etwas Zeit kosten sollte. In vielen Artikeln geht es um dieses leidige Thema – es ist das Zentralthema aller Beziehungen. Meine evolutionär-psychologischen Erklärungen können Sie dabei gerne überlesen, wenn Sie kein Interesse daran haben.
Aber – wie Liebe und Macht in Bezug zueinander stehen –, darüber sollten Sie sich unbedingt ein fundiertes Wissen aneignen. Wenn die Barbara dieses Wissen verinnerlicht hätte, müsste sie nicht über solche Fragen nachgrübeln.

Wenn ein Ex bei der Trennung weiß, dass sein Partner noch starke Gefühle für ihn hat, wird er kein sonderlich großes Interesse daran haben, von sich aus weiter den Kontakt zuhalten – außer er wäre sehr stark an einer Freundschaft interessiert. Aber auch diese Freundschaftsschienen sind eher negativ besetzt, weil die Verlassenden permanent damit rechnen, dass ihre „Exen“ sich ihnen wieder annähern wollen. Sie dann abermals zurückzuweisen und auf die vereinbarte Freundschaft zu pochen, ist sehr, sehr unangenehm und belastend. Solche Zusammenkünfte verbreiten eine angespannte Atmosphäre und werden von den meisten Verlassenden als unangenehm empfunden.
Erst wenn sie die Sicherheit hätten, dass aus dieser Ecke keine „Gefahr“ mehr zu befürchten wäre, könnten sie lockerer und entspannter mit solchen Kontakten umgehen. Diese Lockerheit anzustreben ist einer der wichtigsten Schritte, denn sie wäre die Basis – für eine echte Freundschaft oder für einen Neuanfang.

Sie sehen liebe Leser, das was die Barbara unbedingt vermeiden möchte, wäre genau jener Umstand, der ein erneutes Zusammenkommen erst ermöglichen könnte. Das Paradoxe und Verrückte an der Liebe tritt hier ganz besonders in Erscheinung – zwingt sie uns manches Mal doch gerade das zu tun, was wir unbedingt vermeiden sollten. Urängste des Verlassenwerdens, die alle in uns sitzen, werden durch die Absetztendenzen abtrünniger Partner aktiviert. Der Anklammerungsreflex der sich einstellt, greift nicht nur nicht, sondern verschlimmert alles noch viel, viel mehr.

Wenn Verlassende registrieren, dass Verlassene anfangen die Trennung zu akzeptieren, könnten sie annehmen, dass sie sich auch allmählich entlieben. Dies könnte kleine Verlustängste bei ihnen auslösen, die sie überraschen, weil sie nicht mit ihnen gerechnet haben. Plötzlich fingen sie vielleicht an, häufiger an ihre „ungeliebten“ Expartner zu denken und würden dabei bemerken, wie wichtig sie doch für sie sind…
Wenn Verlassene diesen wichtigen Schritt scheuen, wie es oben die Barbara tun würde, können sich niemals solche neuen Gefühle bei einem Expartner entwickeln.
Vielleicht würden sie zögern einen Vorstoß zu machen, weil sie sich komisch fühlen würden dabei und dumm – das mag schon sein. Aber wenn es der „Zufall“ wollen würde, dass der Ex wegen irgendeiner Angelegenheit auf sie zukäme, wären sie sicher bereit den Ball aufzunehmen und zurückzuspielen…